VeranstaltungenÖkologische Preispolitik als Treiber für nachhaltigen Fortschritt

Ökologische Preispolitik als Treiber für nachhaltigen Fortschritt

Ernst Ulrich von Weizsäcker

UN Environment Programme, Deutschland

Vortrag vom
08 Dezember
2011
Foto von Ernst Ulrich von Weizsäcker

Vortrag

Thema

Die Finanzkrise 2008, die Notwendigkeit des Klimaschutzes und der Ausstieg aus der Kernenergie haben eine neue Diskussion über die Richtung des Fortschritts ausgelöst. Eine neue Enquetekommission des Bundestags zu „Wachs­­tum, Wohlstand und Lebensqualität“ ist nur eines der vielen Anzeichen dafür, dass sich unsere Gesellschaft vermehrt mit der Sinnhaftigkeit von Wachstum im Hinblick auf nachhaltigen Wohlstand auseinandersetzt.

Vor 1968 und auch nach 1980 fragte kaum jemand nach der Richtung des Fortschritts, denn es war klar: mehr Wohlstand, und dieses immer schneller. Mehr Wohlstand will man auch heute. Aber man will auch Sicherheit, eine stabile Um­welt, und auch wieder mehr Gerechtigkeit. Und die Er­fahrung lehrt: Der Markt allein schafft das gar nicht.

Die Klimasituation und die bittere Erkenntnis, dass Kernenergie als großflächige Lösung ausfällt, zwingen uns, an neue Leitplanken für den Markt zu denken. Damit ist nicht gemeint, den Fortschritt zu erschweren, sondern ihm wieder eine glaubwürdige Richtung zu geben. Ernst Ulrich von Weizsäcker plädiert für die strategische Erhöhung der Ressourcenproduktivität als die neue Fortschrittsrichtung. Sie könnte geradezu zu einer Maßzahl für den neuen technischen Fortschritt werden.

Abstract

Rein technisch gesehen ist eine Verfünffachung der Ressour­cenproduktivität zweifellos machbar. Langfristig ist kein Grund zu sehen, warum nicht auch ­eine Verzwanzigfachung erreichbar sein sollte. So sieht es das neue Buch „Faktor Fünf“, das Ernst Ulrich von Weizsäcker gemeinsam mit Karl­son Hargroves und Michael Smith verfasst hat. Dieses adressiert zunächst vier Sektoren, von ­denen einige als besonders schwierig gelten: Verkehr, Industrie, Landwirtschaft und Gebäude. Bei Gebäuden hat es sich inzwischen herumgesprochen: Das Passivhaus braucht nur noch etwa ein Zehntel der sonst üblichen Energie. Bei den anderen Sektoren baut die Effizienzstrategie auf Hunderten kleiner Ver­besserungen auf, die sich letztendlich zu einem Faktor Fünf quer durch die Wirtschaft summieren. Kurz: An technischen Barrieren liegt es nicht, wenn die ­Verfünffachung der Res­sour­cenproduktivität nicht zustande kommt.

Ernst Ulrich von Weizsäcker

Ernst Ulrich von Weizsäcker absolvierte nach dem Abitur 1958 in Göttingen ein Studium der Chemie und Physik in Hamburg, das er 1966 als Diplom-­Physiker beendete. 1968 wurde er an der Universität Freiburg im Breisgau bei Bernhard Hassenstein mit einer Arbeit zum Formensehen der Bienen zum Dr. rer. nat. promoviert.

Von 1969 bis 1972 war Ernst Ulrich von Weizsäcker wissen­schaftlicher Referent bei der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft in Heidelberg. 1972 nahm er den Ruf der Universität-Gesamthochschule Essen als ordentlicher Professor für Biologie an. Von 1975 bis 1980 war er Präsident der Universität Kassel. 1981 wechselte er dann als Direktor an das UNO-Zentrum für Wissenschaft und Technologie in New York, von 1984 bis 1991 war er ­Direktor des Insti­tuts für Europäische Umweltpolitik Bonn, Paris, London. Von 1991 bis 2000 war er Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, ­Energie.

Von Januar 2006 bis Dezember 2008 war er Dekan der Bren School of Environmental Science and Management, University of California, Santa Barbara. Seitdem ist er nach eigenen Angaben freiberuflich tätig.

Ehrungen: Deutscher Umweltpreis 2008, Großes Bundesverdienstkreuz 2009, Theodor Heuss Preis 2011, zwei ­Ehrendoktorate.

Foto des Vortrags Ernst Ulrich von Weizsäcker
Foto: © Uwe Mühlhäußer